„Wenn Putin redet, sollte der Westen besser zuhören“ ist der Titel von Larry C. Johnsons Blogbeitrag vom 01. 03. 2024.
Die Rede von Putin – keine Drohung, aber Warnung
In seinem Blogbeitrag vom 01. 03. 2024 kommentierte Larry C. Johnson einige Passagen aus der Rede des russischen Präsidenten Wladimir Putin vor der Föderationsversammlung.
Insbesondere verstand Johnson diese Passagen als Reaktion auf abenteuerliche Äußerungen des französischen Präsidenten Macron. Deshalb sollten wir genau auf Putins Warnung an den Westen während seiner jährlichen Rede zur „Lage Russlands“ achten. Mit Bezug auf eine AP-Meldung dazu zitiert Johnson:
„Putin stellte fest, dass die westlichen Verbündeten, während sie Russland beschuldigten, Pläne für Angriffe auf NATO-Verbündete in Europa zu haben, ‚Ziele für Angriffe auf unser Territorium auswählen‘ und ‚über die Möglichkeit sprechen, ein NATO-Kontingent in die Ukraine zu entsenden‘.
‚Wir erinnern uns an das Schicksal derjenigen, die ihre Truppenkontingente in unser Land geschickt haben‘, sagte der russische Staatschef in Anspielung auf die gescheiterten Invasionen Napoleons und Hitlers. ‚Jetzt werden die Folgen für die potenziellen Invasoren noch viel tragischer sein‘.
In einer zweistündigen Rede vor einem Publikum aus Gesetzgebern und Spitzenbeamten bezeichnete Putin die westlichen Staats- und Regierungschefs als rücksichtslos und unverantwortlich und erklärte, der Westen solle bedenken, dass ‚auch wir über Waffen verfügen, die Ziele auf ihrem Territorium treffen können, und was sie jetzt vorschlagen und der Welt Angst machen, all das erhöht die reale Gefahr eines Atomkonflikts, der die Zerstörung unserer Zivilisation bedeuten würde.“
Johnson betont, dass Putins Äußerungen nicht „aus dem Stegreif“ kamen. Vielmehr wären sie „eine sorgfältig ausgearbeitete Botschaft, die speziell an Biden und die NATO-Führer gerichtet war, und sie kam im Gefolge von Frankreichs Präsident Macrons unglaublich tonloser Rede Anfang der Woche“. Auch hierzu bezog sich Johnson auf ein AP-Meldung:
„Der französische Präsident Emmanuel Macron sagte am Montag, dass die Entsendung westlicher Truppen in die Ukraine in Zukunft nicht ‚ausgeschlossen‘ sei, nachdem das Thema bei einem Treffen europäischer Staats- und Regierungschefs in Paris diskutiert wurde, während die russische Invasion in vollem Umfang ins dritte Jahr geht.
Wir werden alles Notwendige tun, damit Russland den Krieg nicht gewinnt“, sagte der französische Regierungschef nach dem Treffen von über 20 europäischen Staats- und Regierungschefs und anderen westlichen Beamten.
„Es gibt heute keinen Konsens darüber, in offizieller, bestätigter Weise Truppen auf den Boden zu schicken. Aber im Hinblick auf die Dynamik kann nichts ausgeschlossen werden“, sagte Macron auf einer Pressekonferenz im Elysee-Präsidentenpalast.
Macron sei nicht der einzige europäische Regierungschef mit einer solch beunruhigenden Aussage. Auch der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hätte seinen Teil beigetragen, die Uneinigkeit in der NATO zu vertiefen. Zwar wies er Macrons Behauptung entschieden zurück, dass Europa Truppen in die Ukraine entsenden werde. Gleichzeitig warf er Großbritannien und Frankreich nach einer Meldung von Politco vor den Bus:
Vor Journalisten in Berlin begründete Scholz Anfang der Woche seine anhaltende Weigerung, die deutschen Taurus-Langstrecken-Marschflugkörper in die Ukraine zu schicken, damit, dass deutsche Truppen in der Ukraine erforderlich sein könnten, um sie zu programmieren.
Das würde Deutschland nach Ansicht von Scholz zu einem aktiven Teilnehmer an dem Konflikt machen.
„Das ist eine sehr weitreichende Waffe“, sagte Scholz über die Taurus. „Und was die Briten und Franzosen in Sachen Zielkontrolle und Unterstützung der Zielkontrolle machen, kann Deutschland nicht leisten.“
TAURUS-Lieferung und das NATO-Spiel mit dem Feuer
Nach Larry Johnsons Meinung gewinnen die Aussagen des russischen Präsidenten noch mehr aktuelle Bedeutung angesichts des von RT-Chefredakteurin Margarita Simonjan veröffentlichten Mitschnitts einer Webkonferenz mehrere führenden Bundeswehroffiziere über den möglichen Einsatz von TAURUS-Marschflugkörpern gegen die Krim-Brücke bei Kertsch und russische Munitionslager. Johnson schreibt dazu:
„Neben Putins deutlicher Warnung an das NATO-Bündnis, dass es mit einem potenziellen nuklearen Feuer spielt, hat der russische Geheimdienst ein erstaunliches Gespräch zwischen deutschen Militäroffizieren veröffentlicht, in dem Pläne für einen Angriff auf Russland erörtert wurden. Dem Protokoll zufolge fand am 19. Februar 2024 ein Gespräch zwischen Grafe (Abteilungsleiter für Einsätze und Übungen beim Streitkräfteführungskommando der Bundeswehr), Gerhartz (Inspekteur der Luftwaffe der Bundeswehr), Fenske und Frohstedte (Mitarbeiter des Kommandos Luftoperationen im Raumfahrtkontrollzentrum der Bundeswehr) [zur Namensschreibweise: Gräfe, Gerhartz, Fenske, Flohrstedt – T.S.] statt. Es wurde ausführlich über den Einsatz deutscher Raketen zum Angriff auf Ziele in Russland, wie z. B. die Kertsch-Brücke auf der Krim, diskutiert. Sie können die vollständige Abschrift hier lesen.
Dies war kein zufälliges Leck. Es sollte den Westen darauf aufmerksam machen, dass Russland genau weiß, was NATO-Beamte innerhalb des Bündnisses miteinander besprechen, und dass es von Plänen weiß, russische Ziele anzugreifen. Diese undichte Stelle in Verbindung mit Putins Äußerungen vom Vortag ist eine unmissverständliche Warnung an den Westen, dass er sich einer roten Linie nähert, deren Überschreitung eine starke russische Antwort erfordern wird. Eine solche Antwort könnte die Zerstörung von NATO-Stützpunkten umfassen, die für Angriffe auf Russland genutzt werden. Putin redet nicht um den heißen Brei herum. Er meint es ernst, und der Ernst der Lage wird dadurch unterstrichen, dass Putin grünes Licht für die Weitergabe von abgehörten Gesprächen von NATO-Offizieren an die Medien gegeben hat. Der Westen sollte besser gut aufpassen.
Ray McGovern und ich haben dies heute mit Richter Napolitano besprochen:“
[Im dem Roundtable geht es zudem auch um den Gaza-Konflikt.]
Laut BILD versuchte die Bundeswehr zu verhindern, dass der Mitschnitt verbreitet wird:
„Die Bundeswehr versuchte am Freitag, den Schaden zu begrenzen: Konten im sozialen Netzwerk X (vormals Twitter), die den Mitschnitt verbreiteten, wurden in Deutschland geblockt.“
BILD spielt unter anderem auch den Vorwurf herunter, die Bundeswehr plane den Einsatz der Taurus gegen die Krim-Brücke bei Kertsch:
„Die russische Propaganda lügt diese Gedankenspiele dann um: Deutsche Offiziere würden den Angriff auf die Krim-Brücke planen. Tatsächlich aber werden in dem Mitschnitt nur die Ziele diskutiert, die die Offiziere als naheliegend für die Ukrainer vermuten.“
Im Transskript heißt es dazu:
„Florstedt: Ich habe mich heute mal reingesetzt mit einem pragmatischen Ansatz. Ich habe mir überlegt, was das Alleinstellungsmerkmal gegenüber jetzt den Storm Shadows… So wie Air Defense, Obuszeit, Flughöhe, etc. – und da komme ich dann drauf, dass es so zwei interessante Targets halt gibt: einmal so eine Brücke im Osten und einmal Mun-Depots, wo wir reinkommen. Die Brücke im Osten ist halt schwer zu erreichen, und die Pfeiler sind relativ klein, und das kann halt der Taurus darstellen, und die Mun-Depots – da kommen wir halt durch. Und wenn ich das jetzt berücksichtige und vergleiche, wie viele Storm Shadows und Mauls abgeschossen wurden, da hat man halt ein ganz guts Alleinstellungsmerkmal. Da habe ich mir so drei Routen rausgesucht, wo ich sagen würde, geht’s da um die Brücke oder geht’s da um Mun-Depots?“