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August 4, 2024

Systemwandel aus der Sicht von Ungarns Präsident Orban

Wir sind mitten im globalen Systemwandel – davon ist der ungarische Präsident Viktor Orban überzeugt und begründete das in Balvanyos.

Viktor Orbans Rede über den Systemwandel

Viktor Orbans jüngste Rede bei der Freien Sommeruniversität und dem Studentencamp von Balvanyos in Rumänien am 27. 07. 2024 enthielt eine tiefgehende und umfassende Analyse des aktuellen globalen Systems und Ungarns Rolle darin. Allein schon die Tatsache, dass Viktor Orban aktuell solch eine Rede in einem anderen EU-Mitgliedstaat halten konnte, ist bemerkenswert. Denn aktuell zieht die Regierung von Viktor Orban immer mehr EU-Kritik und Strafmaßnahmen (wie beispielsweise die über Kiew bewirkte Einstellung des russischen Öltransits durch die Druschba-Pipeline) an.

Einleitend betonte Orban, dass sich die Beziehungen zwischen Ungarn und Rumänien positiv entwickeln:

„‚Wir machen Fortschritte‘. Wenn wir uns die Zahlen ansehen, stellen wir neue Rekorde in den Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen unseren beiden Ländern auf. Rumänien ist heute der drittwichtigste Wirtschaftspartner Ungarns. Wir haben mit dem Ministerpräsidenten auch über einen Hochgeschwindigkeitszug – einen ‚TGV‘ – gesprochen, der Budapest mit Bukarest verbindet, sowie über die Mitgliedschaft Rumäniens im Schengen-Raum. Ich habe zugesagt, dieses Thema auf die Tagesordnung der Oktobertagung des Rates ‚Justiz und Inneres‘ – und gegebenenfalls der Dezembertagung des Rates – zu setzen und nach Möglichkeit voranzutreiben.“

Dann bot Orban Einblicke in seine Sichtweise und Strategien. Hier sind die wichtigsten Punkte und meine Bewertung:

Hauptpunkte seiner Rede waren kurz gesagt folgende:

Christliche Pflicht und Kritik an der EU:
Eingangs betonte Orban seine christliche Pflicht, Frieden zu fördern, und kritisierte die EU für ihr „orwellsches Mantra“: „Krieg ist Frieden“ und die Kritik an Orbans Friedensbemühungen.

„Sie haben die ungarischen Bemühungen der Friedensmission verurteilt. Ich habe versucht – ohne Erfolg – zu erklären, dass es so etwas wie eine christliche Pflicht gibt. Das heißt, wenn man etwas Schlechtes in der Welt sieht – vor allem etwas sehr Schlechtes – und man erhält ein Instrument, um es zu korrigieren, dann ist es eine christliche Pflicht, zu handeln, ohne übermäßiges Nachdenken oder Überlegen. Bei der ungarischen Friedensmission geht es um diese Pflicht.“

Orbans „rote Pille“

Der Ukraine-Konflikt war für Orban eine „rote Pille“, die ihm zehn Erkenntnisse brachte:

  1. Enorme Verluste auf beiden Seiten sind zu beenden durch diplomatische Interventionen.
  2. Die USA verlagerten den Fokus von China auf einen Stellvertreterkrieg gegen Russland in der Ukraine, was allerdings Russland und China näher zusamenbrachte.
  3. Die Widerstandsfähigkeit der Ukraine angesichts ihrer objektiven wirtschaftlichen und demografischen Schwächen lässt sich nur mit ihrem Sendungsbewusstsein erklären, dass sie mit einem höheren Ziel dient, nämlich dem Schutz des Westens gegen Russland.
  4. Russland erwies sich beeindruckend widerstandsfähig entgegen westlicher Vorhersagen.
  5. Die EU hat sich in den letzten zweieinhalb Jahren grundlegend verändert und folgt den US-Demokraten.
  6. Die Standards des Westens sind nicht mehr universell, der Westen erlebt „spirituelle Einsamkeit“.
  7. Die Schwäche und der Zerfall des Westens sei das „größte Problem der Welt“, was Chinas Aufstieg zum globalen systemischen Herausforderer beschleunigt.
  8. Die postnationalen Tendenzen in Westeuropa stehen im Gegensatz zu Mitteleuropas Glauben an den Nationalstaat.
  9. Die postnationalen Trends erschüttern die Demokratie und führen zu Reibereien zwischen der Elite/Elitismus und dem Volk/Populismus.
  10. Die westliche Soft Power und die westlichen Werte wie LGBTQ sind nicht universell, sondern kontraproduktiv.

Ungarns „Großstrategie“

Strategische Autonomie der EU:
Orban argumentierte für mehr Konnektivität, ein europäisches Militärbündnis mit eigener (nicht förderalistischer) Rüstungsindustrie, Energieautarkie und Aussöhnung mit Russland und dem Eingeständnis, dass die Ukraine weder der EU noch der NATO beitreten wird.

Ungarns „Großstrategie“:
Um die Chancen des beschriebenen Systemwandels maximal zu nutzen, sei eine ungarische Großstrategie erforderlich, bestehend aus

  • Konnektivität: Anbindung an die östliche und westliche Weltwirtschaft;
  • Souveränität: Förderung nationaler Unternehmen, Schuldenabbau, regionale Gläubigerschaft und Steigerung der inländischen Produktion;
  • Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Gesellschaft: Bevölkerungsrückgang stoppen, Dörfer erhalten und Ungarns Kultur bewahren.

Orban sieht die nächsten 20 bis 25 Jahre als entscheidend für den globalen Systemwandel und die Rolle der nächsten Generation.

Fazit

Viktor Orbans Rede war eine kraftvolle und visionäre Darstellung seiner geopolitischen Ansichten und seiner Strategie für Ungarn. Ob man seiner Meinung zustimmt oder nicht, seine Ausführungen bieten einen tiefen Einblick in seine Denkweise und seine Pläne. Orban zeigt sich als strategischer Denker und entschlossener Führer, der die Herausforderungen der heutigen Zeit erkennt und aktiv angeht. Das unterscheidet ihn von fast allen anderen westlichen Präsidenten oder Regierungschefs.

Siehe auch: Unless Europe comes to its senses, it will find itself on its own in this war


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Thomas Schulze


Mit den Beiträgen will ich helfen, anhand ausgewählter Beiträge besser zu verstehen, "was die Welt im Innersten zusammenhält"

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