Wirbt die Bundeswehr mit Steuergeld für Kriegstreiberei? Wie ist dies mit dem Grundgesetz vereinbar?
Bundeswehr und NATO-Konfrontationskurs
„Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.“
Wie ist mit diesem Artikel aus dem Grundgesetz vereinbar, was aktuell mit deutscher Beteiligung gegenüber Russland passiert?
Zum Beispiel: NATO-Manöver Sea Breeze 2021
Bis zum 10. Juli üben 5.000 Soldaten, 32 Schiffe und 40 Flugzeuge im Schwarzen Meer unmittelbar an der russischen Grenze „Abschreckung und Verteidigung“. Geht es hierbei um ums Üben für eine gemeinsame Verteidigung, oder gleicht das schon mehr Kriegstreiberei?
Bereits im Vorfeld war am 23.06.21 der britische Zerstörer HMS Defender drei Kilometer weit in russische Hoheitsgewässer eingedrungen. Erst nach einem warnenden Bombenabwurf russischer Kampfflugzeuge vor dem Zerstörer drehte dieser ab in internationale Gewässer. Schon am Tag darauf steuerte die HNLMS Evertsen der niederländischen Marine direkt auf die Straße von Kertsch – und damit auf russische Hoheitsgewässer – zu. Auch in dem Fall änderte das Schiff erst aufgrund des Einsatzes russischer Kampfflugzeuge seinen Kurs.
Seit dem 24.06.21 sind auch auf der rumänischen Mihail Kogalniceanu Air Base Konstanza zwei vollbewaffnete Eurofighter des Taktischen Luftwaffengeschwaders 71 „Richthofen“ aus Wittmund eingetroffen. Diese sollen im Rahmen „bewaffnete Schutzflüge“ zusammen „mit einem britischen Verband den Luftraum der Schwarzmeer-Anrainer in der NATO sichern„. Konstanza liegt gerade 200 Kilometer Luftlinie von der Krim entfernt.
Mit dieser antirussischen NATO-Kriegstreiberei gibt es wohl ein Problem bei einem Teil der Bundesbürger.
Kriegstreiberei mit Steuergeld
Am 30.06.2021 veröffentlichten die NachDenkSeiten einen Leserbrief von Pascal Lottaz, Assistenzprofessor für Neutralitätsforschung am Waseda Institute for Advanced Study in Tokio.
Darin verweist Lottaz auf einen Artikel aus der Bundeswehr-„Zeitschrift für Innere Führung“, (IF 3/21, Seite 32 – 35) der Bundeswehr und analysiert diesen.
„In seiner neusten Ausgabe publiziert die Zeitschrift für Innere Führung der Bundeswehr einen Aufruf zur Erhöhung des Bedrohungsgefühls der deutschen Öffentlichkeit durch Russland zum Zwecke der Stärkung der deutschen Bündnistreue mit den NATO-Oststaaten. Dabei bedient sich der Autor verschiedenster Euphemismen, aber auch wissenschaftlicher Untersuchungen zur öffentlichen Meinung, um für eine effektive, anti-russische Kommunikationskampagne zu werben. Zum 80. Jahrestag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion scheint der Ruf nach einem russischen Feindbild wieder Konjunktur zu haben.“
Und weiter:
„Da läuft es einem kalt den Rücken runter, wenn man sich vergegenwärtigt, dass hier ein staatliches Magazin dafür wirbt, die Angst der Öffentlichkeit vor Russland zu schüren. Der Vergleich zum internen Papier aus dem Innenministerium, das im Frühling 2020 empfahl, der Bevölkerung systematisch Angst vor SARS-Cov-2 zu machen (hier der Focus Beitrag), um die Akzeptanz der freiheitseinschneidenden Maßnahmen zu erhöhen, liegt erschreckend nahe. Das Spiel mit der Angst ist einfach und funktioniert.“
Aufgrund der Analyse folgert Albrecht Müller, Herausgeber der NachDenkSeiten:
„Der hier analysierte Text hat mit dem Grundanliegen von Innerer Führung nichts mehr zu tun. Es ist ein Werbetext für militärische Rüstung und zugleich ein Schlag gegen jeden Versuch, das Zusammenleben der Völker ohne militärische Bedrohung zu organisieren, Vertrauen aufzubauen, sich zu verständigen, sich zu vertragen.“
Längst vergessene Mahnung?
Längst vergessen scheint der Aufruf von Wolfgang Borchert aus dem jahr 1947:
„Dann gibt es nur eins!
Du. Mann an der Maschine und Mann in der Werkstatt. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst keine Wasserrohre und keine Kochtöpfe mehr machen – sondern Stahlhelme und Maschinengewehre, dann gibt es nur eins: Sag NEIN!
Du. Mädchen hinterm Ladentisch und Mädchen im Büro. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst Granaten füllen und Zielfernrohre für Scharfschützengewehre montieren, dann gibt es nur eins: Sag NEIN!
Du. Besitzer der Fabrik. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst statt Puder und Kakao Schießpulver verkaufen, dann gibt es nur eins: Sag NEIN!
Du. Forscher im Laboratorium. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst einen neuen Tod erfinden gegen das alte Leben, dann gibt es nur eins: Sag NEIN!
Du. Dichter in deiner Stube. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst keine Liebeslieder, du sollst Haßlieder singen, dann gibt es nur eins: Sag NEIN!
Du. Arzt am Krankenbett. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst die Männer kriegstauglich schreiben, dann gibt es nur eins: Sag NEIN!
Du. Pfarrer auf der Kanzel. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst den Mord segnen und den Krieg heilig sprechen, dann gibt es nur eins: Sag NEIN!
Du. Mann auf dem Dorf und Mann in der Stadt. Wenn sie morgen kommen und dir den Gestellungsbefehl bringen, dann gibt es nur eins: Sag NEIN!
Du. Mutter in der Normandie und Mutter in der Ukraine, du, Mutter in Frisko und London, du, am Hoangho und am Mississippi, du, Mutter in Neapel und Hamburg und Kairo und Oslo – Mütter in allen Erdteilen, Mütter in der Welt, wenn sie morgen befehlen, ihr sollt Kinder gebären, Krankenschwestern für Kriegslazarette und neue Soldaten für neue Schlachten, Mütter in der Welt, dann gibt es nur eins: Sagt NEIN! Mütter, sagt NEIN!“
Wolfgang Borchert (1921 – 1947)