Die Kampagnen-Medizin
Die Ausnutzung der medizinischen Unkenntnis von Patienten, um Pharmaprodukte zu verkaufen, ist verboten — das schert die momentanen Impfdrängler wenig. Exklusivabdruck aus „Corona-Impfung“
von Beate Bahner
Beate Bahner setzte sich im April 2020 als eine der ersten Anwältinnen eindeutig und mit juristischen Argumenten gegen die Corona-Maßnahmen zur Wehr. Die Fachanwältin für Medizinrecht provozierte dadurch durchaus ungnädige Reaktionen der Staatsmacht. Die Popularität, die sie damals gewann, führte dazu, dass sehr viel Corona-Elend auf dem Schreibtisch ihrer Anwaltskanzlei landete. In diesem sechsten Teil einer kleinen Reihe mit Buchauszügen aus ihrem Spiegel-Bestseller „Corona-Impfung: Was Ärzte und Patienten unbedingt wissen sollten“ legt die Juristin dar, warum die derzeitige Impfkampagne rechtlich auf wackligen Füßen steht. Das Heilmittelwerbegesetz verbietet Suggestionen, jemand könne durch Nichteinnahme eines Medikaments Schaden leiden, und verurteilt somit auch die Ausübung von psychologischem Druck, um jemanden zu einer bestimmten Therapie zu bewegen.
Zulässige Information
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die obersten Landesgesundheitsbehörden und die von ihnen beauftragten Stellen sowie die Gesundheitsämter informieren die Bevölkerung zielgruppenspezifisch über die Bedeutung von Schutzimpfungen und andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe übertragbarer Krankheiten (§ 20 Abs. 1 IfSG). Diese Informationspflicht der Behörden hat allerdings nichts zu tun mit der Impfkampagne, wie sie seit Monaten geführt wird.
Kampagne oder „Campaigning“ ist die Kunst, alle Register zu ziehen, um Menschen dazu zu bewegen, ihr Verhalten, ihr Denken oder ihre Einstellung zu ändern, damit ein Ziel erreicht werden kann. Campaigning dient der Durchsetzung von unternehmerischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Zielen (1).
Das große — von Bill Gates und Angela Merkel bereits im Frühjahr 2020 angekündigte — Ziel ist es offensichtlich, alle Menschen zu impfen, in Deutschland und weltweit — egal, ob sie dies (aufgrund der massiven Corona- und Impfkampagne und der angekündigten Impf-Apartheid) wünschen oder nicht. Nachdem die Politiker in Deutschland stets erklärt und versprochen hatten, dass es keinen Impfzwang geben werde, wurde eine große Propagandamaschinerie angeworfen, nachdem die von der Politik offensichtlich angestrebte Impfquote bislang bei Weitem nicht erreicht wurde (2).
Unzulässige Impfkampagnen
Die Impfkampagne wird nicht nur seitens der Politik und der Medien in massiver Weise geführt, sie wird zwischenzeitlich auch durch vielfältigste „Impfangebote“ unterstützt und durch unterschiedlichste Unternehmen und Institutionen weitergeführt. All dies verstößt gegen die Werbeverbote nach dem Heilmittelwerbegesetz (HWG) (3).
So warb etwa im Kreis Gütersloh die Fastfood-Kette McDonald’s mit dem Slogan „Wir treiben‘s auf die Sp(r)itze!“. In einer Ankündigung hieß es:
„Das mobile Impfteam kommt und wir hauen raus. Am kommenden Sonntag von 12:00–19:00 Uhr bei MC Donalds in Rheda-Wiedenbrück (…) Impfen & Sparmenü im Doppelpack: Nicht umsonst aber kostenlos.“
Andere werben mit einer „Last-Minute-Impfung“, die schon impliziert, dass die erforderliche Aufklärung, Anamnese, Untersuchung und Dokumentation nicht durchgeführt wird.
Gesehen wurden ferner „Late-Night-Impfpartys“ an „hippen“ Orten oder Impf-Drive-in bei Ikea in Berlin. Das Impfzentrum Solingen etwa warb mit Late-Night-Impfen an vier Terminen im Juli 2021 von 20 bis 23 Uhr mit DJ, Cocktails und Foodtruck — alles kostenlos — und zwar für 16- bis 27-Jährige.
In Österreich wurden sogar Überlegungen veröffentlicht, eine Impfung auf Friedhöfen unter dem Motto „Immunisierung statt Niederlegen“ durchzuführen. Ferner gab es die Idee einer Impfung im Museum mit Gratiseintritt (4).
Die SPD wirbt auf Mallorca auf großflächigen Plakaten an der Straße mit dem Slogan „Schatzi, schenk mir ‘ne Dosis Vaccine COVID 19“.
In Heidelberg wurde am Sonntag, dem 1. August 2021, ein besonderes Impfevent im Zoo angeboten: Um möglichst viele Zoobesucher zu einer Impfung zu motivieren, spendierte der Zoo jedem Frisch-Geimpften eine kleine Überraschung. Außerdem konnte jeder Frisch-Geimpfte an einer Verlosung teilnehmen. Der Gewinn: ein exklusiver Blick hinter die Kulissen des Zoos (5).
Das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis warb für die Impfung mit dem Geschenk einer Freikarte für das Heimspiel von Fußball-Zweitligist SV Sandhausen gegen den Karlsruher SC am 14. August 2021 (6).
Der Kreativität sind bei den Impfwerbekampagnen offensichtlich keinerlei Grenzen gesetzt. Dabei werden die Verbote des Heilmittelwerbegesetzes bewusst missachtet und hiergegen in gravierender Weise verstoßen.
Sinn und Zweck des Heilmittelwerbegesetzes
Das Heilmittelwerbegesetz (HWG) war angesichts der traurigen Auswirkungen der Werbung für das Schlaf- und Beruhigungsmittel Contergan (auch und gerade) für schwangere Frauen im Jahr 1965 zur Beschränkung der Werbung für Arznei- und Heilmittel erlassen worden. Das Heilmittelwerbegesetz enthält seither eine Vielzahl von Werbeverboten und -beschränkungen. Es gilt auch für die Werbung für Impfungen und damit freilich auch für die Corona-Impfungen, da diese Arzneimittel im Sinne des § 1 Abs. 1 HWG sind.
Das HWG soll vor allem die Gesundheit der Verbraucher und die Gesundheitsinteressen der Allgemeinheit schützen: Denn die Endverbraucher besitzen als medizinische und pharmakologische Laien in der Regel nicht die notwendige Sachkenntnis, um die Behauptungen der Werbeaussagen über bestimmte Eigenschaften eines Heilmittels zu beurteilen (7).
Das Heilmittelwerbegesetz will eine unlautere Ausnutzung der medizinischen Unkenntnis und der psychischen Notlage der Patienten verhindern.
Hinzu kommt, dass sich viele der erkrankten Menschen sowie deren Angehörige in einer psychischen Notlage befinden und deshalb, aber auch wegen des hochgradigen Interesses an der Erhaltung der Gesundheit, häufig geneigt sind, Werbeaussagen auf dem Gebiet des Heilwesens geradezu blindlings zu vertrauen. Diese Menschen werden daher besonders leicht Opfer einer unsachlichen oder irreführenden Heilmittelwerbung, sei es aus Angst oder übertriebener Vorsicht, sei es aus Gläubigkeit oder verzweifelter Hoffnung (8).
Der Werbebegriff des Heilmittelwerbegesetzes
Als Werbung im Sinne des HWG gelten alle informationsvermittelnden und meinungsbildenden Aussagen, die darauf abzielen, die Aufmerksamkeit der Adressaten zu erwecken und deren Entschlüsse mit dem Ziel der Förderung des Absatzes von Waren und Leistungen zu beeinflussen (9). Diese Absatzwerbung umfasst somit nicht nur die Anpreisung als eine besonders eindringliche Art der wertenden Werbung, sondern ebenso eine nüchterne, objektiv gehaltene Sachinformation (10).
Werbeverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel
Zunächst ist festzustellen, dass jedwede Werbung für Impfungen außerhalb von Fachkreisen verboten ist. Denn nach dem allgemeinen Grundsatz des § 10 HWG darf für verschreibungspflichtige Arzneimittel — zu denen Impfstoffe gehören — nur in Fachkreisen, also bei Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, Apothekern und bei Personen, die mit diesen Arzneimitteln erlaubterweise Handel treiben, geworben werden. Für die Impfung darf somit gegenüber Bürgern und Patienten überhaupt nicht geworben werden.
Jede Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel und somit auch für Impfstoffe ist verboten.
Verbot der irreführenden Werbung
Grundsätzlich verboten und sogar strafbar ist eine irreführende Werbung (§ 3 HWG):
Unzulässig ist eine irreführende Werbung. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor,
- wenn Arzneimitteln (…) eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen beigelegt werden, die sie nicht haben,
- wenn fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass a) ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann, b) bei bestimmungsgemäßem oder längerem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen eintreten.
Wer behauptet, die Impfung sei wirksam und sicher, betreibt eine irreführende Werbung und macht sich strafbar.
Denn die Ausführungen in diesem Buch haben hinreichend gezeigt, dass die Impfungen weder sicher sind noch die Wirksamkeit und Wirkung haben, die stets suggeriert und behauptet wird.
Verstoẞ gegen das Zugabeverbot
Darüber hinaus wird mit den meisten Werbekampagnen gegen die Vorschrift des § 7 HWG verstoßen. Danach ist es unzulässig, Zuwendungen oder sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren. Wer also als Anreiz zum Impfen kostenlose Eintritte oder Speisen, Getränke oder andere „Geschenke“ verspricht, verstößt gegen das Zugabeverbot des § 7 HWG.
Weitere Verstöẞe Gegen Das Heilmittelwerbegesetz
Verstöße kommen auch in Betracht gegen das Werbeverbot des § 11 Nr. 7 HWG: Danach sind Werbeaussagen unzulässig, die nahelegen, dass die Gesundheit durch die Nichtverwendung des Arzneimittels (hier der Corona-Impfung) beeinträchtigt oder durch die Verwendung verbessert werden könnte. Wer behauptet, nur die Impfung schütze — sich und die anderen — verstößt somit auch gegen diesen Paragraphen.
Nach § 11 Abs. 1 Nr. 13 HWG darf außerhalb der Fachkreise für Arzneimittel auch nicht geworben werden mit Preisausschreiben, Verlosungen oder anderen Verfahren, deren Ergebnis vom Zufall abhängig ist, sofern diese Maßnahmen oder Verfahren einer unzweckmäßigen oder übermäßigen Verwendung von Arzneimitteln Vorschub leisten.
Schließlich verstößt jedwede Werbung auch gegen das Werbeverbot des § 12 HWG. Denn die Corona-Impfung soll eingesetzt werden zur Verhütung, Beseitigung oder Linderung der COVID-19-Krankheit beziehungsweise des SARS-CoV-2-Virus. Es handelt sich hierbei um eine in Anlage zu § 12 genannte meldepflichtige Krankheit beziehungsweise einen meldepflichtigen Krankheitserreger (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 1t IfSG und § 7 Abs. 1 Nr. 44a IfSG). Hierfür darf ebenfalls überhaupt nicht geworben werden.
Die Werbekampagnen von Bund, Ländern, Städten und Unternehmen aller Art verstoßen gegen das Heilmittelwerbegesetz, meist in sogar mehrfacher Hinsicht.
Jedwede Werbekampagne verstößt somit meist gegen eine Vielzahl von Werbeverboten, die — angesichts des Contergan-Skandals und der für die Kinder so schmerzlichen Missbildungen — zum Schutze der Menschen, zum Schutze der Kinder und zum Schutze der Neugeborenen erlassen wurden.
Mögliche Sanktionen
Ein Verstoß gegen das Verbot der irreführenden Werbung nach § 3 HWG ist eine Straftat (sogenanntes Nebenstrafrecht) und kann mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft werden (§ 14 HWG).
Weitere Verstöße stellen Ordnungswidrigkeiten dar, die mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro geahndet werden können (§ 15 HWG).
Etwaige Anzeigen können sowohl beim zuständigen Regierungspräsidium als auch bei der zuständigen Polizeibehörde oder Staatsanwaltschaft erhoben werden.
Quellen und Anmerkungen:
(1) http://www.campaigning.ch/index.php/campaigning-definition-und-erklaerung
(2) Erneut nur auf Basis von „Modellszenarien“ hat das RKI nun behauptet, dass mindestens 85 Prozent der 12–59-Jährigen bzw. 90 Prozent der ≥ 60-Jährigen vollständig gegen COVID-19 geimpft sein müssen, um die Herdenimmunität (neu bezeichnet als „Gemeinschaftsschutz“) zu erreichen, vgl. Epidemiologisches Bulletin, 27/2021, 8. Juli 2021, S. 3 ff.
(3) Gesetz über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens (Heilmittelwerbegesetz — HWG) vom 11.07.1965, zuletzt geändert durch Art. 6 G vom 12.5.2021 I 1087
(4) news@orf.at vom 10. Juli 2021, 9.47 Uhr
(5) https://www.mannheimer-morgen.de/deutschland-welt_artikel,-coronavirus-heidelberger-zoo-besuchen-und-sich-impfen-lassen-_arid,1828672.html
(6) https://www.rnz.de/nachrichten/region_artikel,-sv-sandhausen-bei-impfung-bei-impfaktionen-freikarten-fuer-spiel-gegen-karlsruhe-_arid,713281.html
(7) Doepner/Reese, § 12 HWG Rn. 37 m. w. N.
(8) Amtliche Begründung, S. Doepner/Reese, Einl. Rn. 39. Das Heilmittelwerbegesetz bezweckt ferner einen Schutz vor wirtschaftlicher Übervorteilung der Abnehmerschaft, d. h. vor allem der privaten Verbraucher, vgl. Spickhoff, Nr. 270 Rn. 1 ff. m. w. N.
(9) BGH, NJW 1995, S. 3054; Doepner, § 1 HWG Rn. 11 m. w. N. Nicht unter den Werbebegriff des HWG fällt demgegenüber die reine Unternehmenswerbung, vgl. Doepner, § 1 HWG Rn. 12.
(10) Spickhoff, HWG, § 1 (270); Bahner, Das neue Werberecht für Ärzte, S. 287 m. w. N.
Dieser Artikel erschien auf Rubikon am 10.12.2021 und ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung – Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen 4.0 International) lizenziert. Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen dürfen Sie es verbreiten und vervielfältigen.