Den Freiheitsindex 2023 veröffentlichten das Institut für Demoskopie Allensbach und Media Tenor International – Grundgesetz im Abseits.
Freiheitsindex 2023 gegen Grundgesetz
Gemäß Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Art 5 soll die Meinungs- und Pressefreiheit garantiert sein.
„(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“
Die Meinungs- und Pressefreiheit gehört demgemäß zu den festgeschriebenen unveräußerlichen Bürgerrechten – doch die Praxis sieht nicht nur gefühlt anders aus.
Das legt zumindest erneut die Studie „Bricht die Mauer des Schweigens?“ nahe. Diese veröffentlichten das Institut für Demoskopie Allensbach (IfD) und Media Tenor International Zürich im Rahmen eines Forschungsprojektes:
„Zum ersten Mal, seit das Institut für Demoskopie in Allensbach die Deutschen fragt: ‚Traut Ihr Euch, Eure Meinung zu sagen‘, antworten weniger als 40 Prozent mit ‚Ja‘.“
Gefühl der Meinungsfreiheit ist stark gesunken
Die Autoren der Studie verweisen darauf, dass die Frage „Traust du dich, deine Meinung zu
sagen?“ von den Experten des IfD Allensbach seit 1953 regelmäßig gestellt wird. Doch:
„Seit dem Fall der Mauer, als 1990 noch 78 Prozent der Deutschen diese Frage ausgesprochen zuversichtlich beantworteten, sind die Werte zunächst mit der Regierung Schröder, dann unter Merkel stetig gefallen, um nun zur Halbzeit der Ampel ihren historischen Tiefpunkt zu dokumentieren.“ (Ebd. S. 12)
So hätten sich 2019 noch 50 Prozent der Befragten getraut „so zu sprechen, wie ich möchte“ und sich dabei nichts vorschreiben zu lassen (S. 23). Im Jahr 2023 trauten sich das nur noch 33 Prozent.
Nach der Analyse der Autoren haben die öffentlich-rechtlichen Medien einen nicht unbedeutenden Anteil an dieser Entwicklung.
„Angesichts dieser inhaltlichen Engführung, die seit Jahrzehnten von ARD, DLF und ZDF in ihren Nachrichtenformaten angeboten wird, ist selbst an Hochschulen keine vielfältige Diskussion in Respekt des jeweils anderen zu erwarten – sofern die Menschen ihre Informatonen allein auf Basis des öffentlich-rechtlichen Angebotes beziehen.“ (Ebd. S. 40)
Vorbei die Zeit, als die Studenten lautstark sangen: „Die Gedanken sind frei…“
Keine ausgewogene Berichterstattung über wirtschaftliche Themen
Doch es geht in der Studie nicht nur um Meinungen zu Freiheit im politischen Kontext. Die Berichterstattung über wirtschaftliche Themen offenbart, dass dem Umfeld der Masse der Beschäftigten und ihren unmittelbaren Erfahrungen ebenfalls nur wenig Raum eingeräumt wird.
„Doch die Grafik zeigt, dass die deutschen Leitmedien den Bürgern eine andere Sicht auf das Wirtschaftsleben vermitteln: Das Gros der Berichte kreist um die Börse – eher selten wird der deutsche Mittelstand und seine erfolgreichen ‚Hidden Champions‘ – von den 3.300 Weltmarktführern einzelner Branchen haben 1.700 ihren Ursprung und Stammsitz (noch) in Deutschland – sichtbar.“
Eine Quelle für eine wenig informative Berichterstattung zu wirtschaftlichen Fragen im Erfahrungsfeld der Bürger sehen die Autoren der Studie in der Kompetenz der berichtenden Journalisten.
„Berichte (vor allem in Wirtschaftsressorts) mit grotesken Fehlern, weil das Lesen von Bilanzen offensichtlich manche Redaktionen vor schier unüberwindbare Schwierigkeiten
stellte, weil zu wenige, die über die Wirtschaft, Wirtschaftspolitik und das
Unternehmensleben berichten, sich dort auskannten.“ (Ebd. S. 61)
Darüber hinaus verweisen die Autoren auch auf einen auffälligen Unterschied in der Wirtschaftsberichterstattung zwischen US-amerikanischen und deutschen Medien.
Freie Meinungsäußerung
Die Autoren schreiben, dass jahrzehntelang die große Mehrheit – zwei Drittel – der Bevölkerung der Meinung war, man könne in Deutschlnad seine politische Meinung frei äußern. Im Jahr 2021 betrug der Anteil nur noch 45 Prozent. Im Jahr 2023 sank der Wert auf ein Rekordtief von 40 Prozent.
„Damit ist nun endgültig deutlich geworden, dass das überraschende Ergebnis aus dem Jahr 2021 nicht … allein eine Folge der Sondersituation während der Corona-Pandemie war, wenn es auch durch diese mit ausgelöst worden sein kann, sondern Ausdruck eines
grundsätzlichen Wandels im öffentlichen Klima.“ (Ebd. S. 72)
Insgesamt bieten die Aussagen der Befragten und der Studienautoren sicher zahlreiche Ansatzpunkte für eine streibare Auseinandersetzung. Unbestritten dürfte jedoch sein, dass die Tendenzen nicht gerade für eine anwachsende demokratische Entwicklung in Deutschland sprechen.