Die persönliche Steuerpflicht gemäß § 1 EStG ist die Rechtsgrundlage für die unbeschränkte Steuerpflicht natürlicher Personen. Wer ist davon betroffen?
Persönliche Steuerpflicht gem. § 1 EStG
Wer ist in Deutschland steuerpflichtig? Diese Frage stellen sich nicht nur Menschen, die in Deutschland wohnen. Sie steht auch für jene, die nach Deutschland einwandern oder auswandern. Und nicht zuletzt fragen sich das auch Menschen, die nur zeitweilig hier leben oder arbeiten.
Nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) wird zwischen der unbeschränkten und der beschränkten Steuerpflicht unterschieden.
Unbeschränkt steuerpflichtig im Sinne des Einkommenscteuergesetzes sind
- alle natürlichen Personen,
- die im Inland
- einen Wohnsitz oder
- ihren gewöhnlichen Aufenthalt
haben.
Wie steht das genau im Gesetz?
„§ 1 Steuerpflicht
(1) Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig…
(2) Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind auch deutsche Staatsangehörige, die
- im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und
- zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen,
sowie zu ihrem Haushalt gehörende Angehörige, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder keine Einkünfte oder nur Einkünfte beziehen, die ausschließlich im Inland einkommensteuerpflichtig sind…
(3) Auf Antrag werden auch natürliche Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben. Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 Prozent der deutschen Einkommensteuer unterliegen…“
Darüber hinaus gibt es gem. EStG § 1a noch die unbeschränkte Steuerpflicht für Staatsangehörige von EU- oder EWR-Staaten, die nach § 1 (1) unbeschränkt steuerpflichtig sind oder nach § 1 (3) als unbeschränkt steuerpflichtig zu behandeln sind.
Welche Vorteile können Sie aus Ihrem Wissen über die unbeschränkte Steuerpflicht nach § 1 ziehen?
Zum besseren Verständnis des § 1 (1) gehört für die meisten Menschen auch, dass sie wissen, was die folgenden Begriffe bedeuten:
Natürliche Personen: Unbeschränkt steuerpflichtig im Sinne des EStG § 1 (1) sind nur natürliche Personen, also Menschen wie Sie und ich. Ihre Steuerpflicht beginnt mit der Geburt und endet mit dem Tod. Ohne Bedeutung sind Alter, Geschlecht, Familienstand, Nationalität, Staatsangehörigkeit oder Einkünfte.
Inland: Unter das Inland fällt in diesem Gesetz das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland – also der Festlandssockel und die ausschließliche Wirtschaftszone in den angrenzenden Meeren.
Wohnsitz: Einen Wohnsitz hat eine natürliche Person im Inland, wenn sie hier eine abgeschlossene Wohnung (Eigentum oder Mietwohnung) hat, die sie jederzeit nutzen kann, gleich ob sie darin tatsächlich wohnt oder nicht. Steuerlich bedeutungslos ist auch, ob die Person in dieser Wohnung gemeldet ist.
Gewöhnlicher Aufenthalt: Als gewöhnlicher Aufenthalt gilt stets und von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten („183-Tage-Regel“). Kurzfristige Unterbrechungen durch Urlaub, Familienheimfahrt, Kur Erholung bleiben unberücksichtigt. Diese Regel gilt allerdings nicht, wenn der Aufenthalt nur privaten Zwecken dient und nicht länger als ein Jahr dauert. Wer allerdings als Grenzgänger nur an den Wochenenden oder im Urlaub in seinen Wohnsitzstaat fährt, hat in Deutschland ebenfalls seinen gewöhnlichen Aufenthalt.
Was sollten Sie bei der unebschränkten Steuerpflicht beachten, um keinen Schaden zu erleiden?
Unklarheiten zur unbeschränkten Steuerpflicht gibt es öfter vor allem in zwei Punkten:
Für die Steuerpflicht spielt das Alter und die oft damit verbundene Vorstellung keine Rolle, dass nur Personen steuerpflichtig seien, wenn sie aufrund ihres Alters Lohn, Gehalt, Rente oder Einkünfte aus selbstständiger Arbeit beziehen.
Ein weiteres Missverständnis betrifft oft Personen, die im Laufe des Jahres nach Deutschland ziehen oder aus Deutschland auswandern. Unbeschränkt steuerpflichtig sind Personen auch dann, wenn sie nur einen Tag im Kalenderjahr in Deutschland eine Wohnung innehaben. Wer beispielsweise ins Ausland ziehen will, um auch Steuern zu sparen, muss einkalkulieren, dass die Steuerpflicht in der Regel nur für die Jahre entfällt, in denen in Deutschland kein Wohnsitz bestand oder gewöhnlicher Aufenthalt vorlag. Außerdem kann unter Umständen noch nach dem Außensteuergesetz § 2 eine erweiterte beschränkte Steuerpflicht entstehen.
Es kann also bei einem Zuzug oder Wegzug im Laufe des Jahres passieren, dass in mehreren Ländern eine unbeschränkte Steuerpflicht entsteht. In dem Fall liegt dann eine Doppelbesteuerung vor. Welchem Land dann in welchem Umfang Steuern zustehen, ist zwischenstaatlich in sogenannten „Doppelbesteuerungsabkommen“ (DBA) geregelt.
Wie denken andere über die persönliche Steuerpflicht?
Urteil des Bundesgerichtshofes von 1965: „Wer die Pflicht hat, Steuern zu zahlen, hat das Recht, Steuern zu sparen!“
Meyer A. Rothschild (1744–1812): „Die Unkenntnis der Steuergesetze befreit nicht von der Pflicht zum Steuerzahlen. Die Kenntnis aber häufig.“
Paul Newman, Schauspieler (1925–2008): „Vor den Steuern fliehen fast ebenso viele Menschen ins Ausland wie vor Diktatoren.“
Weiterführende Links
Steuerpflicht und Besteuerung bei internationalen Einkunftserzielungen
Warum ist die Unterscheidung zwischen beschränkter und unbeschränkter Steuerpflicht so wichtig?
Besteuerung nach dem Wegzug: Die erweiterte beschränkte Steuerpflicht