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Juni 16, 2024

„Ukraine-Friedensgipfel“ – Wege zum Frieden

„Ukraine-Friedensgipfel“ in der Schweiz und die Rede des russischen Präsidenten Putin im russischen Außenministerium – zwei Wege zum Frieden?

„Ukraine-Friedensgipfel“ in der Schweiz

Laut Handelsblatt unterzeichneten 84 der 102 Teilnehmer die Abschlusserklärung [1] des „Ukraine-Friedensgipfels“ in der Schweiz. Bahrain, Brasilien, Kolumbien, der Vatikan, Indien, Indonesien, Mexiko, Saudi-Arabien, Südafrika, Thailand und die Vereinigten Arabischen Emirate haben die Abschlusserklärung wohl nicht unterzeichnet.

Der (ehemalige) ukrainische Präsident Wolodomir Selenskyj soll das Ergebnis dennoch als Erfolg für die Ukraine und ihre Partner gewertet haben, weil die Abschlusserklärung weiterhin allen offenstünde, „die das Völkerrecht respektieren“, meldet das Handelsblatt:

„In der Abschlusserklärung wird Russland für den Krieg in der Ukraine verantwortlich gemacht, der großes menschliches Leid und Zerstörung gebracht habe und zur Achtung der territorialen Integrität der Ukraine ermahnt. Darüber hinaus wird gefordert, dass Kiew die Kontrolle über das Atomkraftwerk Saporischschja und den Zugang zu seinen Häfen am Schwarzen sowie Asowschen Meer zurückerhält.

 

Alle ukrainischen Kriegsgefangenen müssten freigelassen und aus der Ukraine deportierte Kinder in ihre Heimat zurückgebracht werden. Eine Drohung mit dem Einsatz von Atomwaffen gegen die Ukraine im Zusammenhang mit dem laufenden Krieg sei unzulässig.“

Differenzen unter den Teilnehmern gab es offensichtlich, weil die Schweizer Gastgeber „auf Bitten der Ukraine“ Russland nicht zum „Ukraine-Friedensgipfel“ eingeladen hatten und darüber, „welcher Pfad zum Frieden eingeschlagen werden solle“.

Die Vorschläge des russischen Präsidenten Putin vom 14. 06. 2024 im russischen Außenministerium wurden von der Ukraine, den USA, Deutschland und anderen Verbündeten als „absurd“ und „nicht vertrauenswürdig“ zurückgewiesen.

Putins Vorschläge für ein künftiges „eurasisches Sicherheitssystem“

In der über einstündigen Rede des russischen Präsidenten am 14. Juni ging es um die Grundzüge der russischen Außenpolitik „für eine für alle Seiten vorteilhafte und gerechte Zusammenarbeit und Entwicklung auf dem eurasischen Kontinent“ – also um weit mehr als nur um den Frieden in der Ukraine.

„Erstens: Es muss ein Dialog mit allen potenziellen Teilnehmern an diesem künftigen Sicherheitssystem aufgenommen werden…

 

Zweitens ist es wichtig, von der Prämisse auszugehen, dass die künftige Sicherheitsarchitektur allen eurasischen Ländern offensteht, die sich an ihrem Aufbau beteiligen wollen…

 

Drittens: Um die Idee eines eurasischen Sicherheitssystems zu fördern, muss der Dialog zwischen den bereits in Eurasien tätigen multilateralen Organisationen erheblich intensiviert werden…

 

Viertens: Wir glauben, dass es an der Zeit ist, eine breite Diskussion über ein neues System bilateraler und multilateraler Garantien für die kollektive Sicherheit in Eurasien zu beginnen. Gleichzeitig muss man langfristig die militärische Präsenz externer Mächte in der eurasischen Region schrittweise reduzieren…

 

Fünftens: Ein wichtiger Teil des eurasischen Sicherheits- und Entwicklungssystems sollten zweifellos wirtschaftliche Fragen, soziales Wohlergehen, Integration und eine für alle Seiten vorteilhafte Zusammenarbeit sein, die sich mit gemeinsamen Problemen wie der Überwindung von Armut, Ungleichheit, dem Klima, der Umwelt, der Entwicklung von Mechanismen zur Reaktion auf die Bedrohung durch Pandemien und Krisen in der Weltwirtschaft befasst – alles ist wichtig.“

Zur Ukraine-Krise seit 2014

Speziell zur Ukraine-Krise erläuterte Präsident Putin ausführlich die russische Sicht auf deren Wurzeln.

„Die Krise in der Ukraine ist kein Konflikt zwischen zwei Staaten und schon gar nicht zwischen zwei Völkern, der durch Probleme zwischen ihnen verursacht wurde … Die Wurzeln des Konflikts liegen nicht in den bilateralen Beziehungen. Die Ereignisse in der Ukraine sind eine direkte Folge der weltweiten und europäischen Entwicklung des späten 20. und frühen 21. Jahrhunderts, der aggressiven, rücksichtslosen und absolut abenteuerlichen Politik, die der Westen in all den Jahren verfolgt hat, lange bevor die Militäroperation begann … Ich möchte noch einmal betonen: Russland hat den Krieg nicht begonnen, es war das Kiewer Regime“.[2]

Indirekt hatte das NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg am 13. 02. 2023 bei einer Pressekonferenz im NATO-Hauptquartier ebenfalls zum Ukraine-Krieg bestätigt:

„In einem Segment räumte Stoltenberg ganz beiläufig mit der weit verbreiteten Ansicht auf, der Ukraine-Krieg habe erst im Februar 2022 begonnen. Auf die Frage eine AP-Reporters, inwieweit der Krieg in der Ukraine das westliche Militärbündnis verändert habe, antwortete Stoltenberg (ab Minute 28:00):

 

‚Wie wichtig es war, dass die NATO seit 2014 die größte Verstärkung ihrer kollektiven Verteidigung seit einer Generation durchgeführt hat. Weil der Krieg nicht letztes Jahr im Februar begann, er begann 2014.'“ (deutsche-wirtschafts-nachrichten.de)

Ungeachtet dessen gab es unmittelbar nach Beginn der russischen Militäroperation am 22. 02. 2022 sowohl mit der Ukraine als auch mit den USA Verhandlungen über einen sofortigen Frieden – die aber auf Druck der USA und Großbritanniens nicht umgesetzt wurden.

Erschwerte Verhandlungsbedingungen für den Frieden

Jetzt hätten sich die Bedingungen deutlich geändert und erschwerten Verhandlungen zur Beendigung der Krise. Insbesondere verwies der russische Präsident auf folgende rechtlichen Bedingungen:

  • „Im Mai 2014 entschied das Verfassungsgericht der Ukraine, dass, ich zitiere, ‚der Präsident für fünf Jahre gewählt wird, unabhängig davon, ob er in außerordentlichen oder regulären Wahlen gewählt wird‘. Darüber hinaus stellte das ukrainische Verfassungsgericht fest, dass, ein weiteres Zitat, ‚der verfassungsrechtliche Status des Präsidenten keine Normen enthält, die eine andere Amtszeit als fünf Jahre festlegen würden’… Die Entscheidung des Gerichts ist endgültig und kann nicht angefochten werden … Die Amtszeit des gewählten ukrainischen Staatsoberhauptes ist abgelaufen und damit auch seine Legitimität, die nicht durch irgendwelche Tricks wiederhergestellt werden kann.“
  • Wenn der ehemalige ukrainische Präsident Selenskiy sich noch immer an die Macht klammere, so sei das „eine Handlung, die durch Artikel 5 der Verfassung der Ukraine ausdrücklich verboten ist. Ich zitiere: ‚Das Recht, die verfassungsmäßige Ordnung in der Ukraine zu bestimmen und zu ändern, steht ausschließlich dem Volk zu und kann nicht vom Staat, seinen Organen oder Beamten usurpiert werden.‘ [vgl. hier – T.S.] Darüber hinaus fallen solche Handlungen unter Paragraf 109 des ukrainischen Strafgesetzbuchs, der sich genau auf die gewaltsame Änderung oder den Umsturz der verfassungsmäßigen Ordnung oder die Ergreifung der Staatsgewalt sowie die Verschwörung zu solchen Handlungen bezieht.“ [vgl. hier – T.S.]
  • Es hätten deshalb Wahlen abgehaltern werden müssen, lediglich Wahlen zur Werchowna Rada könnten laut Verfassung verschoben werden: „Die Verfassung der Ukraine sieht keine Möglichkeit vor, die Wahl des Präsidenten des Landes zu annullieren oder zu verschieben, die Fortführung seiner Befugnisse im Zusammenhang mit dem Kriegsrecht, auf das jetzt Bezug genommen wird. Was steht in der ukrainischen Verfassung? Sie besagt, dass während des Kriegsrechts die Wahlen zur Werchowna Rada verschoben werden können. So steht es in Artikel 83 der Verfassung des Landes.“ [vgl. hier – T.S.]
  • „Mit anderen Worten: Die Werchowna Rada ist heute, im Gegensatz zur Exekutive, das legitime Organ. Die Ukraine ist keine Präsidialrepublik, sondern eine parlamentarisch-präsidiale Republik. Darum geht es. Darüber hinaus ist der Vorsitzende der Werchowna Rada in seiner Eigenschaft als Präsident gemäß den Artikeln 106 und 112 mit besonderen Befugnissen ausgestattet, unter anderem im Bereich der Verteidigung, der Sicherheit und des Oberbefehls über die Streitkräfte.“ [vgl. hier – T.S.]

Damit seien allein die Werchowna Rada, ihr Vorsitzender rechtmäßige Repräsentanten der Ukraine, nicht aber Selenskyj oder andere Vertreter seines Regimes.

Russlands Vorschlag zu Beendigung des Krieges in der Ukraine

Deshalb kann es aus russischer Sicht folgenden Weg zur Beendigung des Krieges geben:

„Die ukrainischen Truppen müssen vollständig aus den Volksrepubliken Donezk und Lugansk sowie aus den Regionen Cherson und Saporoschje abgezogen werden. Und ich mache Sie darauf aufmerksam, dass es um das gesamte Gebiet dieser Regionen innerhalb ihrer Verwaltungsgrenzen geht, die zum Zeitpunkt ihres Beitritts zur Ukraine bestanden.

 

Sobald Kiew erklärt, dass es zu dieser Entscheidung bereit ist und mit dem tatsächlichen Abzug der Truppen aus diesen Regionen beginnt, sowie offiziell mitteilt, dass es seine Pläne, der NATO beizutreten, aufgegeben hat, wird von unserer Seite aus sofort, buchstäblich in derselben Minute, der Befehl zur Einstellung des Feuers und zur Aufnahme von Verhandlungen folgen. Ich wiederhole: Wir werden das sofort tun. Natürlich werden wir gleichzeitig den ungehinderten und sicheren Rückzug der ukrainischen Einheiten und Verbände garantieren.

 

Natürlich möchten wir darauf zählen, dass die Entscheidung über den Truppenabzug, den Status der Blockfreiheit und die Aufnahme des Dialogs mit Russland, von dem die künftige Existenz der Ukraine abhängt, in Kiew unabhängig getroffen wird, auf der Grundlage der gegenwärtigen Realitäten und geleitet von den echten nationalen Interessen des ukrainischen Volkes, und nicht auf Anweisung des Westens, obwohl es daran natürlich große Zweifel gibt.“

Ausgewählte Kommentare:

Viktor Medwedtschuk, Vorsitzender der Bewegung „Andere Ukraine“ und ehemaliger Vorsitzender der in der Ukraine verbotenen Oppositionspartei „Plattform – Für das Leben“:

„Das Friedensangebot Russlands ist ein bahnbrechendes Ereignis, das die Situation im Ukraine-Konflikt bereits verändert hat. Man könnte sagen, dass dies der ‚letzte Nagel im Sarg‘ von Selenskiys so genannter ‚Friedensformel‘ ist, die im Wesentlichen ein Ultimatum des kollektiven Westens darstellt. Der russische Präsident Wladimir Putin hat gezeigt, dass er sich nicht mit solchen Ultimaten abspeisen lässt, und hat erneut vorgeschlagen, ein neues Sicherheitssystem aufzubauen, das die Interessen aller Länder berücksichtigt, nicht nur die der ‚goldenen Milliarde‘, deren Vergoldung allmählich abfällt.“

Larry C. Johnson, ehemalige CIA-Analyst:

„Die heutige (Freitag) Rede von Wladimir Putin im russischen Außenministerium ist eine klare Warnung an den Westen und signalisiert, dass Russland seine militärische Operation in der Ukraine in einen höheren, stärkeren Gang schalten wird. Die USA und ihre NATO-Verbündeten sind Narren, wenn sie Putins deutliche Botschaft heute abtun oder ignorieren:

 

Ich will es ganz einfach sagen: Der Westen und die Ukraine sollten Putin verdammt noch mal ernst nehmen. Er meint genau das, was er gesagt hat. Im Gegensatz zu dem, was Russland als Ergebnis seiner Verhandlungen mit den Ukrainern am 22. März vorschlug zu akzeptieren, ist Russland nicht mehr bereit, Donezk und Luhansk an Präsident Zelenski abzutreten. Dieses Schiff ist abgefahren. Stattdessen setzt Russland auf Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja als ständige Mitglieder der Russischen Föderation.

 

Stellen Sie sich einmal vor, wie die Ukraine heute dastehen würde, wenn sie sich an Minsk 2 gehalten oder die am 22. März ausgehandelten Bedingungen akzeptiert hätte – die Ukraine wäre noch intakt und mindestens 400.000 ukrainische Soldaten, die getötet wurden, wären noch am Leben.

 

Haben Sie bemerkt, was Putin nicht gesagt hat? Er hat Odessa auf seiner Liste der Forderungen ausgelassen. Dies ist die letzte Chance für die Ukraine, die Kontrolle über Odessa zu behalten. Wenn die Ukraine Putins jüngstes Verhandlungsangebot weiterhin ablehnt, wird Odessa der nächste nicht verhandelbare Punkt auf Putins Liste sein.“

Bundeskanzler Olaf Scholz hat:

„ein angebliches Friedensangebot von Russlands Präsident Putin zurückgewiesen. Putin fordert, dass die Ukraine auf vier von Russland annektierte Regionen verzichtet. Jeder wisse, dass das kein ernstgemeinter Vorschlag sei, sondern er mit der Friedenskonferenz in der Schweiz zu tun habe, so Scholz im ZDF. Putin habe gezeigt, worum es ihm wirklich gehe – um die klassische Eroberung eines Landes.“

Lloyd Austin, US-Verteidigungsminister wird mit den Worten zitiert:

„Er ist in keinerlei Position, in der er der Ukraine diktieren könnte, was sie für Frieden tun müsse.“

Jens Stoltenberg, NATO-Generalsekretär:

„Das ist kein Friedensvorschlag … Dies ist ein Vorschlag für mehr Aggression, mehr Besatzung.“

Nachtrag vom 17. 06. 2024:

[1] Das Schweizer Außenministerium veröffentlichte am 17. 06. 2024 auf seiner Webseite die Abschlusserklärung und führte 78 Unterzeichnerstaaten zuzüglich der Europäischen Kommission, dem Europäischen Rat und dem Europäischen Parlament sowie dem Kosovo an, dessen völkerrechtlicher Status umstritten ist.

[2] (Siehe u.a. auch: Die geheimen Militärprogramme der Ukraine)

Nachtrag vom 18.06. 2024:

Nachträglich hat auch Ruanda seine Unterschrift zur Abschlusserklärung zurückgezogen

Arnaud Bertrand kommentiert auf X das Abschlussdokument des Schweizer „Ukraine-Gipfels“ mit den Worten:

„Es ist wirklich erstaunlich, dass das Abschlusskommuniqué des Schweizer „Gipfels für Frieden in der Ukraine“ im Grunde 6 der 12 Punkte des chinesischen „Friedensplans“ vom Februar 2023 enthält, und nur diese.

Und das ist fast anderthalb Jahre NACH dem chinesischen Friedensplan, den der Westen sofort ablehnte und ironischerweise als „vage“ kritisierte, obwohl das Ergebnis dieses Schweizer Gipfels jetzt viel vager ist… In der Tat ist er so vage, dass alle Aspekte des chinesischen Plans, die einen Weg zu einem nachhaltigen Frieden vorschlugen, gestrichen wurden…

 

Das zeigt, wie weit wir nach fast zweieinhalb Jahren Krieg noch vom Frieden entfernt sind… Und es zeigt auch, dass Chinas Vorschlag vielleicht, nur vielleicht, doch nicht so schlecht war.“

Plagiat-Abschlussdokument
https://x.com/RnaudBertrand/status/1802626230682079297

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Thomas Schulze


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