• Home
  • |
  • Blog
  • |
  • Wolodymyr Selenskyj gilt weiter als Präsident der Ukraine

Dezember 31, 2024

Wolodymyr Selenskyj gilt weiter als Präsident der Ukraine

Wolodymyr Selenskyj gilt den westlichen Politikern und Medien weiterhin als rechtmäßiger Präsident der Ukraine. Berechtigt?

Wolodymyr Selenskyj - gewählter Präsident der Ukraine

Wolodymyr Selenskyj versprach Frieden zu schaffen

"Der Schauspieler Wolodymyr Selenskyj versprach 2019 seinen ukrainischen Wählern, dass er Korruption und den Krieg im Donbass beenden und Frieden schaffen wolle."
Und was ist bis 2024 daraus geworden? "Der längste Krieg in Europa seit 1945" wurde nicht beendet. Die Hoffnungen der Ukrainer und vieler Menschen weltweit auf Selenskyjs Versprechen, dass in der Ukraine Frieden einzieht, sinken. Wolodymyr Selenskyj konnte auch nach Beginn der russischen Speziellen Militäroperation im Februar 2022 auf die Unterstützung besonders die Westeuropäer die Ukraine mit Ausrüstungs- und Waffenlieferungen, mit Spenden und Krediten, mit Asylrecht und sozialen Begünstigungen für ukrainische Geflüchtete rechnen. Doch wie THE GUARDIEN am 26. 12. 2024 berichtete, sinkt in vielen  Bereitschaft die Bereitschaft der Bürger, die Ukraine weiter zu unterstützen.
Quelle: https://www.theguardian.com/world/2024/dec/26/support-for-ukraine-russia-war-yougov-poll-survey
Immer öfter stellen nicht nur Bürger, sondern auch Politiker und Medien die Frage, ob Wolodymyr Selenskyj Frieden will und Frieden schaffen kann, ja, ob er dafür auch noch legitimiert ist.

Selenskyj - für den Westen weiter rechtmäßiger Präsident der Ukraine

Wolodymyr Selenskyj ist für die westlichen Politiker und Medien weiterhin unbestritten der rechtmäßige Präsident der Ukraine. Zwar endete seine reguläre fünfjährige Amtszeit am 20. Mai 2024 offiziell, doch begründen sie dies mit mehreren Faktoren:
  • Kriegsrecht und Aussetzung der Wahlen: Das ukrainische Parlament hat aufgrund des russischen Angriffskrieges das Kriegsrecht verhängt und verlängert es regelmäßig. Unter dem Kriegsrecht sind alle Wahlen, einschließlich der Präsidentschaftswahlen, ausgesetzt.- Die turnusgemäßen Wahlen hätten Ende März 2024 stattfinden sollen, wurden aber nicht angesetzt.
  • Rechtliche Grundlage: Die ukrainische Verfassung sähe vor, dass die Befugnisse des Präsidenten nicht automatisch nach fünf Jahren enden, sondern erst mit der Amtseinführung eines neu gewählten Präsidenten (ebd.). Solange keine Neuwahlen stattfinden können, bleibe Selenskyj im Amt.
  • Internationale Anerkennung: Der ukrainische Justizminister Denys Malyuska bestätigte, dass Selenskyj seine Legitimität und Befugnisse auch nach Ablauf der fünfjährigen Amtszeit behält. Diese Position sei international weitgehend anerkannt und werde unterstützt.
  • Selenskyjs Haltung: Selenskyj selbst betrachtet Versuche, seine Legitimität in Frage zu stellen, als "feindliches Narrativ" und Teil der russischen Propaganda.
Als überzeugendes Argument ist die Selbstsicht Selenskyjs wohl nicht geeignet. Dies gilt umso mehr, weil mit dem Ende des Krieges und künftigen Wahlen wohl nicht nur seine Präsidentschaft enden würde. Wie in einem früheren Beitrag auf diesem Blog berichtet, befürchtet der ehemaliger Schweizer Oberstleutnant iG Ralph Bosshard:
"Ein Dialog auf der Grundlage des Istanbuler Dokuments wird in der Ukraine zu der Einsicht führen, dass [der ukrainische Präsident Volodymyr] Selenskyj den Krieg umsonst geführt hat und die zahlreichen Opfer sinnlos waren."
Das Vertrauen der Ukrainer in Selenskyj befindet sich nach Berichten der BERLINER ZEITUNG auf Talfahrt.
"Demnach vertrauten in den Monaten kurz nach Beginn der russischen Invasion über 90 Prozent der Ukrainer ihrem Präsidenten – nur sieben Prozent vertrauten Selenskyj nicht. Bis Ende Dezember 2023 sanken die Vertrauenswerte des 46-Jährigen jedoch auf 77 Prozent, im Februar 2024 auf 64 Prozent und im Mai dieses Jahres erreichten sie einen vorläufigen Tiefpunkt mit 59 Prozent. Wie die neueste Umfrage zeigt, stagniert Selenskyjs Beliebtheitsrate somit seit Monaten. Selenskyj im Westen und Süden beliebter als im Osten.   Die Unzufriedenheit mit dem ukrainischen Präsidenten nimmt hingegen zu. Statt der sieben Prozent im Frühjahr 2022 äußern nun 37 Prozent der Ukrainer ihr Misstrauen gegenüber Selenskyj. Das größte Vertrauen genießt Selenskyj im Westen, Zentrum und Süden des Landes – dort vertrauen ihm deutlich über 55 Prozent der Ukrainer. In den ukrainisch kontrollierten Gebieten im Osten des Landes sind es hingegen nur noch 51 Prozent, die ihrem Präsidenten vertrauen. 45 Prozent der Ostukrainer zeigen sich misstrauisch gegenüber Selensky."

Selenskyjs Präsidentschaft ist rechtlich nicht mehr unumstritten

Der ukrainischer Politologe und Wirtschaftswissenschaftler Vasyl Stoyakin analysierte unlängst in einem Beitrag, wie die Präsidentschaft Selenskyjs nach dem 20. Mai 2024 nach ukrainischem Recht zu bewerten sei. Beginn der Übersetzung (Links, soweit nicht anders gekennzeichnet, wie im Original): Eines der wichtigsten politischen Ereignisse des Jahres für die Ukraine war das Auslaufen der präsidialen Befugnisse von Wolodymyr Selenskyj. Gleichzeitig bleibt er in den Augen der westlichen Partner das Staatsoberhaupt, und das Machtsystem der Ukraine erfüllt alle seine Anweisungen. Was sagt das ukrainische Recht dazu, und wann wird Zelenskys Rechtsstatus für die Kräfte innerhalb und außerhalb des Landes von Interesse sein? Vor mehr als fünf Jahren versprach der damalige Präsidentschaftskandidat Wolodymyr Selenskyj im Wahlkampf, er werde nur eine Amtszeit absolvieren - und das würde reichen, um dem Land ein völlig neues Gesicht zu geben. Das Land ist in der Tat nicht wiederzuerkennen, aber es gibt Fragen zur Amtszeit - Selenskyj hat nicht angegeben, wie lange die Amtszeit dauern würde. Selenskyj trat sein Amt als Präsident am 20. Mai 2019 an. Nach Absatz 1 von Artikel 103 [Link - T. S.] der Verfassung der Ukraine beträgt die Amtszeit des Präsidenten fünf Jahre. Es ist leicht zu berechnen, dass sie am 21. Mai 2024 abläuft. Danach hätte Selenskyj gemäß Absatz 1 von Artikel 108 [Link - T. S.] dem neu gewählten Präsidenten Platz machen müssen. Es gibt jedoch keinen neuen Präsidenten - die Wahlen sind verboten, weil sich das Land im Ausnahmezustand befindet. Allerdings gibt es hier zwei "Aber": - Gemäß Absatz 1 von Artikel 83 der Verfassung dürfen während des Kriegsrechts keine Wahlen zur Werchowna Rada abgehalten werden, während Abschnitt V, der dem Präsidenten gewidmet ist, eine solche Klausel nicht enthält; - Nach Teil 1 von Artikel 81 [Link - T. S.] enden die Befugnisse der Abgeordneten gleichzeitig mit den Befugnissen der Rada, aber nach Absatz 4 von Artikel 83 [Link - T. S.] werden "Falle der Beendigung der Wahlperiode des Parlaments der Ukraine in der Zeit des Kriegs- oder Ausnahmezustandes oder des Notstandes [...] seine Befugnisse bis zum Tag der ersten Sitzung des nach der Aufhebung des Kriegs- oder Ausnahmezustandes gewählten Parlaments verlängert." Abschnitt V enthält jedoch nicht dieselbe Bestimmung in Bezug auf den Präsidenten. Der ukrainische Politiker Roman Bessmertnyj, der an der Ausarbeitung des Verfassungstextes beteiligt war, behauptet, dies sei kein Zufall. Die Verfasser des Entwurfs gingen von der Notwendigkeit aus, die Kontinuität der Macht um jeden Preis zu wahren und ihre Usurpation zu verhindern. Das heißt, dass die Befugnisse des Präsidenten gemäß den Verfassungsnormen nicht unter dem Vorwand des Kriegsrechts oder des Ausnahmezustands erweitert werden können. Es müssen Wahlen abgehalten werden. Sie können jedoch nicht abgehalten werden, da Artikel 20 des Wahlgesetzes (IK) die Abhaltung von nationalen Wahlen während des Kriegsrechts oder des Ausnahmezustands ausdrücklich ausschließt.
Tatsächlich widerspricht die entsprechende Bestimmung des IK der Verfassung, aber die Angelegenheit ist kompliziert - im Grundgesetz steht nicht ausdrücklich, dass Wahlen abgehalten werden müssen. Es schweigt einfach darüber. In diesem Fall brauchen wir eine Entscheidung des Verfassungsgerichts, aber niemand hat sich zur Klärung an dieses Gericht gewandt.
So oder so bleibt die Tatsache bestehen, dass die Amtszeit von Präsident Zelensky im Jahr 2024 abläuft und er seine Aufgaben nicht mehr erfüllen kann. Außerdem gibt es in der Ukraine niemanden, der sie überhaupt erfüllen kann. Der Präsident der Werchowna Rada ist zwar durchaus legitimiert, kann aber gemäß Artikel 112 [Link - T. S.] der Verfassung nur einen Teil der Befugnisse des Präsidenten ausüben, wenn diese vorzeitig beendet werden (fairerweise sollte man einen Präzedenzfall erwähnen - 2014 hat Präsident Turtschynow Präsident Janukowitsch "abgelöst", ohne dass es dafür irgendeine rechtliche Grundlage gab). Selenskyj selbst bestreitet den Verlust seiner Legitimität: "Meine fünf Jahre sind noch nicht vorbei. Wegen des Kriegsrechts gehen sie weiter." Dies bezieht sich eher auf die Besonderheiten von Selenskyjs Kalender - die Verfassung sieht solche Manöver nicht vor, es gibt keinen Präsidenten in der Ukraine. Es gibt den Bürger W. A. Selenskyj, der sich die Befugnisse des Staatsoberhauptes angemaßt hat.
Selenskyjs Macht ist also unrechtmäßig, aber... sie bleibt durchaus gültig. Mit anderen Worten: Er nimmt seine Aufgaben weiterhin wahr, und die überwältigende Mehrheit der innen- und außenpolitischen Akteure der Ukraine erkennt sein Recht dazu an.
Der maßgebliche ukrainische Politikwissenschaftler Kostyantyn Bondarenko, der 2022 nach Europa emigrierte, schrieb einmal: "Die Diskussion darüber, ob Wolodymyr Selenskyj nach dem 20. Mai ein legitimer Präsident sein wird oder nicht, ist kein Ei wert. Sie wäre angebracht, wenn die Ukraine ein Untertanenstaat wäre. Und so sollten wir die Frage beantworten: Legitimität in wessen Augen interessiert uns? Biden, Macron, Scholz und Sunak werden Zelensky ohnehin als Präsident der Ukraine anerkennen - für sie bedeutet das Erlöschen der präsidialen Befugnisse unseres Garanten nichts". In der Tat hatte Bondarenko völlig Recht. Schon am Tag, als sich die Präsidentenkutsche in einen Kürbis verwandelte, sagte der offizielle Vertreter des außenpolitischen Dienstes der Europäischen Union, Peter Stano: "Und wir haben auch keine Zweifel daran, wer der Präsident der Ukraine ist. Es ist Selenskyj." Dies ist jedoch nicht so wichtig - wer sagt was? Die Taten sind viel aussagekräftiger. Im Jahr 2024 wurden mehrere "Sicherheitsabkommen" zwischen der Ukraine und westlichen Ländern unterzeichnet, die keine Sicherheit bieten, sondern bestimmte Beträge an Militärhilfe garantieren. Es ist klar, dass solche Abkommen nur mit den rechtmäßigen Behörden des Landes unterzeichnet werden können - schließlich geht es um materielle Verantwortung (man weiß nicht, wofür der unrechtmäßige Herrscher die Militärhilfe ausgeben wird). Zu diesem Thema Die ersten und gerissensten waren die Briten, die bereits im Januar ein entsprechendes Abkommen mit einem völlig legitimen ukrainischen Präsidenten unterzeichneten. Die Vereinigten Staaten hingegen unterzeichneten am 13. Juli ein ähnliches Dokument mit einem Politiker, dessen Befugnis, irgendetwas zu unterzeichnen, hätte in Frage gestellt werden müssen. Aber sie taten es nicht. Auch die Treffen Selenskyjs mit Staatschefs, darunter Donald Trump, der sein Amt noch nicht angetreten hat, lassen keinen Zweifel daran, dass der Westen ihn als autorisiertes Staatsoberhaupt anerkennt. Das Gleiche gilt für die Situation im Lande selbst. Das Machtsystem gehorcht den Weisungen aus Kiew, als ob es das sollte (fairerweise muss man sagen, dass das Machtsystem 2014 gehorchte, als die neue Regierung absolut illegitim war, und im Februar-März 2022, als es überhaupt keine Macht gab). Auch scheint sich die Stimmung in der Bevölkerung des Landes nicht wesentlich geändert zu haben. Das soziologische Zentrum Rasumkow stellt zum Beispiel einen gewissen Rückgang des Vertrauens in Selenskyj fest: Im Januar 2024 vertrauten ihm 69 %, im September 51 %. Kann man sagen, dass Selenskijs Ansehen tendenziell sinkt? Ja, das können wir. Kann man sagen, dass dieser Trend mit seinem Legitimationsverlust zusammenhängt? Nein, denn in den vorliegenden Daten wird dieser Trend seit Februar 2023 verfolgt, als Selenskyjs Zustimmungsrate bei 85 % lag (das Zentrum hat im Jahr 2022 keine Untersuchung zu diesem Thema veröffentlicht, und die Rate könnte dort noch höher gewesen sein). Da der Rückgang der Zustimmung im Jahr 2023 geringer ausfiel als im Jahr 2024, können wir vorsichtig den Schluss ziehen, dass dieser Rückgang neben dem offensichtlichen Faktor der Verlängerung des Krieges auch mit dem Legitimitätsverlust Selenskyjs zusammenhing. Woher sollen die ukrainischen Wähler überhaupt davon wissen, wenn die Medien unter der Kontrolle des Präsidialamtes stehen? Nun, erstens können die Ukrainer zählen und wissen, dass die Wahlen für den 31. März angesetzt waren, aber wegen des Krieges nicht stattgefunden haben - die Absage wurde ganz öffentlich bekannt gegeben. Zweitens kann man nicht behaupten, dass niemand in der Ukraine das Auslaufen von Selenskyjs Amtszeit bemerkt und nicht gegen die Usurpation protestiert hätte. Der Volksabgeordnete Oleksandr Dubinsky (Fraktion "Diener des Volkes") schrieb bereits am 13. Februar: "Die Befugnisse des Präsidenten der Ukraine enden in der Nacht zum 21. Mai 2024 und können nicht verlängert werden, wie im Fall der Werchowna Rada. Nach dem 20. Mai ist die Rada legitimiert, nicht aber der Präsident." Bis heute hat Dubinsky seinen Standpunkt nicht geändert und erinnert systematisch daran, dass Selenskyj illegitim ist. Er hat sogar einen Antrag an das Gericht gestellt, dem stattgegeben wurde - die letzte Anhörung fand am 4. Dezember statt. Doch wie immer gibt es auch hier eine Nuance: Dubinsky befindet sich ebenso wie der Oligarch Igor Kolomoisky (Dubinsky gehört zu seinem Mediendienst) in Untersuchungshaft. Nur Kolomoisky wird Betrug vorgeworfen, während Dubinsky des Hochverrats angeklagt ist (in Wirklichkeit wegen Kritik an Selenskyj). Er wurde bereits im November 2023 verhaftet, hat also nichts zu verlieren - außer den Kommunikationsmitteln mit der Außenwelt, die ihm aus irgendeinem Grund nicht genommen werden. Sowohl innerhalb als auch außerhalb des Landes gibt es also nicht viele Kräfte, die wirklich an Selenskyjs Rechtsstatus interessiert sind. Die Situation wird sich jedoch ändern, wenn die Frage der Friedensgespräche von der Diskussionsphase auf die praktische Ebene übergeht. Wladimir Putin hat in seiner letzten direkten Ansprache noch einmal betont, dass Russland Selenskyj nicht als legitimen Präsidenten betrachtet, was bedeutet, dass er keine zwischenstaatlichen Abkommen unterzeichnen kann. Dies ist ein Signal an Trump und diejenigen Kräfte in der Ukraine, die die Notwendigkeit einer Beendigung des Krieges verstehen. Jede rechtlich sinnvolle Lösung der Krise erfordert die Klärung der Legitimität der Regierung in der Ukraine. Und wenn die Signale zutreffen, dass 2025 das Jahr sein wird, in dem die Verhandlungen über die Ukraine beginnen, dann wird dieses Jahr auch Selenskyjs letztes Jahr als Präsident der Ukraine sein - dieses Mal nicht nur de jure, sondern auch de facto. Ende der Übersetzung
Beiträge und Artikel anderer Autoren müssen nicht die Sichtweise des Webseiteninhabers widerspiegeln, sondern dienen nur der vergleichenden Information und Anregung zur eigenen Meinungsbildung.

Wie aufschlussreich fanden Sie diesen Artikel? Wie denken Sie darüber?

Wolodymyr Selenskyj gilt weiter als Präsident der Ukraine: 5,00 von 5 Punkten, basieren auf 1) abgegebenen Stimmen.
Loading...

Ähnliche Beiträge

Thomas Schulze


Mit den Beiträgen will ich helfen, anhand ausgewählter Beiträge besser zu verstehen, "was die Welt im Innersten zusammenhält"

Ihr Thomas Schulze