Lässt sich ein Ausgleichsanspruch für Handelsvertreter nach § 89b HGB mit einer Abfindung für Angestellte vergleichen? Vorsicht: Vermeiden Sie diese Fallen!
Handelsvertreter können bei Beendigung ihrer Tätigkeit für ein Unternehmen gemäß § 89b Handelsgesetzbuch (HGB) einen Ausgleichsanspruch gelten machen. Nicht selten wird dieser Anspruch von ihnen mit einer Abfindung gleichgesetzt, wie sie Angestellte im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten können.
Tatsächlich gibt es einige Übereinstimmungen. Dennoch sollten Handelsvertreter in Ihrer Planung rechtzeitig die Unterschiede zwischen einem Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB und einer Abfindung berücksichtigen, um nicht ein einige Fallen zu tappen.
Mit dem Ausgleichsanspruch sollen Handelsvertreter eine zusätzliche Vergütung für Dienstleistungen erhalten, die während der Vertragsdauer erbracht und noch nicht abgegoltenen sind. Denn mit ihrer Tätigkeit haben sie dem Unternehmen, für das sie tätig waren, einen Vorteil verschafft. Der Vorteil besteht darin, dass nach Vertragsende das Unternehmen den von den Handelsvertretern geschaffenen Kundenstamm nutzt. Deshalb gilt der Ausgleichsanspruch als Gegenleistung für geleistete Dienste, für die die Handelsvertreter nach Vertragsende keine ihrer Leistung entsprechende Vergütung mehr erhalten.
Handelsgesetzbuch § 89b
„(1) Der Handelsvertreter kann von dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und soweit
- der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat und
- die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit diesen Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht…
(2) Der Ausgleich beträgt höchstens eine nach dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre der Tätigkeit des Handelsvertreters berechnete Jahresprovision oder sonstige Jahresvergütung…
(4) Der Anspruch kann im voraus nicht ausgeschlossen werden. Er ist innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend zu machen.
(5) Die Absätze 1, 3 und 4 gelten für Versicherungsvertreter … Die Vorschriften der Sätze 1 und 2 gelten sinngemäß für Bausparkassenvertreter.“
Handelsgesetzbuch (HGB) § 89b
Eine Ausgleichszahlung für Handelsvertreter beruht auf einem Rechtsanspruch gem. § 89b HGB und erfolgt als Abgeltung für bereits geleistete (vergangene) Tätigkeit und den Vorteil, den der Vertragspartner aus dieser Leistung in den nächsten Jahren ziehen kann. Darin unterscheidet sich der Ausgleichsanspruch grundlegend von einer Abfindung für Angestellte. Eine „echte“ Abfindung für Arbeitnehmer ist eine Entschädigung für entgehende (zukünftige) Einnahmen. Arbeitnehmer haben vom Grundsatz her in Deutschland auch einen Anspruch auf Abfindung gibt es nur in wenigen Fällen.
Das Vertragsverhältnis zwischen dem Handelsvertreter und dem Unternehmen endet durch
Je nach Grund für die Beendigung des Vertragsverhältnisses kann der Zeitpunkt einer Ausgleichzahlung grundsätzlich frei vereinbart werden – wie für eine Abfindung.
Allerdings entsteht der Anspruch auf die Ausgleichszahlung nicht unabhängig vom tatsächlichen Ende des Vertragsverhältnisses. Denn die Ausgleichszahlung stellt rechtlich eine nach HGB § 266 (2) bilanzierungspflichtige Forderung dar und ist deshalb – im Gegensatz zu einer Abfindung – dem laufenden Gewinn zuzuordnen und zu aktivieren (siehe auch BFH-Urteil vom 09.02.2011 IV R 37/08).
FG Schleswig-Holstein: Der Ausgleichsanspruch für die abgegebenen Versicherungsbestände iim Sinne des § 89b HGB und der Ausgleich für entgehende Provisionen sind nicht als einheitliche Entschädigung anzusehen. Provisionsausgleichszahlung sind nicht als außerordentliche Einkünfte im Sinne des § 34 Abs. 1 und 2 EStG ermäßigt zu versteuern. (Mitteilung des FG Schleswig-Holstein vom 25.6.2013, LEXinform 0439881).