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August 27, 2021

Zinsen verfassungswidrig – aber gerechtfertigt

Zinsen laut Abgabenordnung sind nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) verfassungswidrig seit 2014, aber bis 2018 gerechtfertigt.

Zinsen - verfassungswidrig, aber politisch gerechtfertigt

Laut Abgabenordnung (AO) betragen die Zinsen für Steuernachforderungen und -erstattungen (AO § 233a) sechs Prozent. Das BVerfG beschloss am 08.07.2021, dass diese Zinshöhe gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Steuerpflichtigen gem. Grundgesetz Art 3 verstößt. Die Festsetzung solcher Zinsen ab 2014 sind verfassungswidrig. Hat das BVerfG mit diesem Beschluss Angst vor der eigenen Courage bekommen? Oder ist es aus politischen Gründen eingeknickt? Denn damit der Rechtsstaat nun nicht die zuviel kassierten Zinsen seit 2014 zurückzahlen muss, hat das BVerfG zugleich entschieden: die als verfassungswidrig eingestuften Zinsfestsetzungen dürfen bis Ende 2018 fortgelten. Erst seit 2019 darf die bisherige Regelung nicht mehr angewendet werden. Begründet wird dies mit dem Hinweis auf Planungssicherheit der Staats-, Landes- und Gemeindehaushalte. Der "Gesetzgeber" hat schon vielfach nichtige oder verfassungswidrige Gesetze erlassen. Weitere Verfassungsbeschwerden - siehe beispielsweise hier - sind anhängig. Nun muss bis zum 31.12.2022 eine neue verfassungsgemäße Regelung getroffen werden. Die Rechtsanwältin und Fachanwältin für Steuerrecht Susanne Christ hält diese Entscheidung für wenig einleuchtend. Denn schon im Jahr 2014 waren Zinsen von sechs Prozent an den Kapitalmärkten illusorisch. Das war auch dem Fiskus und dem "Gesetzgeber" in diesem schon zu diesem Zeitpunkt bekannt. Susanne Christ kritisiert auf stb-web.de am 26.08.2021:
"Die Entscheidung führt dazu, dass der Fiskus und die Gesetzgebung letztendlich dafür 'belohnt' werden, sich beharrlich geweigert zu haben, sich der aufgrund veränderter wirtschaftlicher Verhältnisse aufdrängenden Verfassungswidrigkeit bestehender Steuergesetze zu stellen und diese von sich aus verfassungsgemäß zu gestalten. Dies zeigt auch eine Schwäche des bestehenden Grundrechtsschutzes durch das BVerfG auf: Hoheitsträger werden nicht verpflichtet, von sich aus auf die Verfassungsmäßigkeit bestehender Regelungen zu achten, sondern erst wenn sich betroffene Bürger*innen dagegen zur Wehr setzen, werden nach – langjähren und verfahrensrechtlich außerordentlich schwierigen gerichtlichen Auseinandersetzungen – Verfassungswidrigkeiten festgestellt und häufig für die Vergangenheit hingenommen. Eine solche Rechtsprechung motiviert die Gesetzgebung geradezu dazu, es mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit von Hoheitsakten nicht so genau zu nehmen. Dies ist wohl auch ein Grund dafür, dass die Gesetzgebung nicht von sich aus längst tätig geworden ist."

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Thomas Schulze


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Ihr Thomas Schulze