März 28, 2024
Frieden ist jederzeit möglich, aber…
Frieden wäre möglich - wenn Russland ihn nicht verhinderte
Bundeskanzler Scholz gab der Märkischen Allgemeinen ein Interview, indem es unter anderem um die Friedenschancen in der Ukraine ging. Der Kanzler beantwortete die Frage nach den Friedenschancen positiv - allerdings mit Einschränkungen. Es ist auch nicht verwunderlich, dass er zu den Ursachen des Konflikts andere Ansichten hat als beispielsweise die russische Seite oder große Teile des sogenannten globalen Südens. Wenn er jedoch darüber spricht, warum es bisher nicht schon zum Frieden kam, dann sind seine Aussagen wohl irritierend. Prüfen Sie selbst und ziehen Sie Ihre Schlüsse!Frieden scheitert durch Russlands Schuld
Frage: "Glauben Sie, dass sich der Ukraine-Krieg durch Gespräche beenden oder einfrieren lässt?" Antwort:"Direkt nach Ausbruch des Krieges beispielsweise verhandelten Russland und die Ukraine direkt miteinander. Die Gespräche scheiterten damals, weil Russland sie nur als Vorwand nutzte, um parallel dazu seine Truppen in den Osten zu verschieben für eine Großoffensive. Dann kamen die Massaker von Butscha und Irpin ans Licht – unglaubliche Menschenrechtsverbrechen der russischen Streitkräfte gegen die Zivilbevölkerung. Das hat den Gesprächen jede Grundlage entzogen. Einige Zeit später wurde über das Getreideabkommen gesprochen, mit Erfolg. Putin kündigte es dann irgendwann leider wieder. Und es gab Gespräche über die Sicherheit am Atomkraftwerk Saporischschja oder über den Austausch von Gefangenen. Gerade sind eine Reihe von Ländern dabei, auch die Ukraine, auf Ebene der Sicherheitsberater zu diskutieren, wie etwas aussehen könnte, was zu einem Friedensprozess führt. Lassen Sie mich aber eines ganz klar sagen: Frieden ist jederzeit möglich. Putin muss nur seinen barbarischen Feldzug abbrechen und Truppen zurückziehen."Bundskanzler Scholz spricht hier über die Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland, die im März 2022, also wenige Tage nach Beginn der russischen Militäroperation begannen und bis Ende April andauerten. Sie fanden zunächst in Weißrussland und anschließend in Istanbul statt. Vergleichen Sie diese Aussage des Bundeskanzlers mit denen von Michael von der Schulenburg, Hajo Funke und General a. D. Harald Kujat.
Drei deutsche Experten recherchierten zu Verhandlungen für Frieden
Michael von der Schulenburg war UN Assistant Secretary General und über 34 Jahre lang für die Vereinten Nationen und kurz für die OSZE in vielen Ländern tätig. Hajo Funke lehrte von 1993 bis zu seiner Emeritierung als Professor für Politikwissenschaften des Otto-Suhr-Instituts der Freie Universität Berlin. General a. D. Harald Kujat war als ranghöchster deutscher Offizier der 13. Generalinspekteur der Bundeswehr von 2002 bis 2005 Vorsitzender des NATO-Militärausschusses. Im November 2023 erschien auf braveneweurope.com ihre gemeinsame Stellungnahme, in der sie das "folgenschwere Scheitern der ukrainisch-russischen Friedensverhandlungen im März/April 2022" analysierten. (In Kurzform berichtete auch die Berliner Zeitung über diese Recherche.) Darin stützten sie sich unter anderem auf Aussagen- des damaligen israelischen Premierministers, Naftali Bennett,
- des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan,
- von Altbundeskanzler Gerhard Schröder.
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"Bereits einen Monat nach Beginn der russischen Militärintervention in der Ukraine, waren die ukrainischen und russischen Unterhändler einem Waffenstillstand und einer umfassenden Friedenslösung des Konfliktes sehr nahegekommen.
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Im Gegensatz zu heute hatten sich Präsident Zelensky und seine Regierung damals sehr um einen Verhandlungsfrieden mit Russland und ein schnelles Ende des Krieges bemüht.
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Im Gegensatz zu westlichen Darstellungen waren sich damals Ukraine und Russland darin einig, dass die geplante NATO-Erweiterung der Grund des Krieges war. Sie konzentrierten daher ihre Friedensverhandlungen auf die Neutralität der Ukraine und dessen Verzicht auf eine NATO-Mitgliedschaft. Im Gegenzug würde die Ukraine ihre territoriale Integrität mit Ausnahme der Krim behalten haben.
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Es bestehen kaum noch Zweifel darüber, dass diese Friedensverhandlungen am Widerstand der NATO und insbesondere dem der USA und der UK scheiterten. Ein derartiger Friedensschluss wäre einer Niederlage der NATO, einem Ende der NATO-Osterweiterung und damit einem Ende vom Traum einer von den USA dominierten Welt gleichgekommen."
Dawyd Arachamija über das Scheitern der Friedens
Ein Insider der Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland war Dawyd Arachamija. Er leitete die ukrainische Delegation bei den Friedensgesprächen in Istanbul wenige Wochen nach Beginn der russischen speziellen Militäroperation. In einem Interview erklärte er nach Berichten der Berliner Zeitung:"Als wir aus Istanbul zurückkamen, kam Boris Johnson nach Kiew und sagte, dass wir überhaupt nichts unterschreiben und einfach kämpfen sollten“.Allerdings sei die ukrainische Delegation zur Unterzeichnung des Dokuments nicht bereit gewesen, weil zuvor die ukrainische Verfassung geändert werden müsste.
TIME-Journalist und Selenski-Biograph zum Scheitern des Istanbuler Abkommens
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